Das Rheinwiesenlager Heidesheim
Die Stadt Heidesheim war so nett und gab mir die Auskunft über die Lage des KZs. Das KZ-Gelände besteht heute überwiegend aus einer Obstplantage zwischen Heidenfahrt, Ingelheim und Heidesheim (auch genannt „Das große Mittelfeld“). Es geht bis an den Rhein. Die A 60 durchkreuzt heute das KZ und die Abfahrt Ingelheim Ost einschl. den beiden Zubringerstraßen wurden auch auf dem KZ-Gelände gebaut. Außerdem stehen etwa 4 Häuserblöcke der Stadt Heidesheim auf dem ehemaligen Rheinwiesenlager.
Das Rheinwiesenlager Heidesheim ist nach meiner Schätzung nicht ganz 3 km2 groß. Etwas versteckt an der Ecke von einer Zubringerstraße und der Straße zwischen Heidesheim und Heidenfahrt (am Rande des Lagers) steht eine kleine Gedenkstätte und eine Skizze des KZ-Areals. Ich fand diese Gedenkstätte zuerst nicht zwischen den Büschen und fragte einen Spaziergänger aus der Gegend, der gerade mal 20 Meter von der Gedenkstätte entfernt am Wegesrand ging, danach. Er hatte von einem Kriegsgefangenenlager und einer Gedenkstätte nie etwas gehört und wohnte gerade mal ein paar Meter entfernt. Vielleicht stand auch sein Haus noch auf der Fläche des Lagers.
Leider stand die Geschichte etwas missverständlich auf der Gedenkstätte, denn es wird an etwa 80.000 deutsche Soldaten erinnert, die dort in Kriegsgefangenschaft waren. Es hört sich fast so an, als ob die das auf der Obstplantage ganz nett hatten, saftige Äpfel gegessen haben und alle weiterleben durften. Das Lager Heidesheim war aber, nach Bretzenheim, Bad Kreuznach, Rheinberg und Sinzig, das Lager mit den meisten Toten.
In Heidesheim erlebte ich noch eine Geschichte, über die ich gerne berichten möchte. Ich konnte das Lager schwer umfahren, da es durch die A 60 und die Zubringerstraßen durchkreuzt wird. Deshalb spazierte ich in der Apfelbaumplantage zwischen den Bäumen, dachte an die toten Soldaten, auf denen jetzt Apfelbäume und Zwetschgen wachsen, räucherte und streute Blumen und Blätter. Es war Herbst 2012 und die Äpfel hingen an den Bäumen. Ich habe noch nie so große Äpfel gesehen. Die waren groß wie Pampelmusen und knallrot. Und es lagen so viele auf dem Boden, ganz heil, nicht angepickt und ohne Druckstellen! Ich fragte mich, ob der Apfelbauer auch die Äpfel vom Boden aufsammelt und kam zum Schluss, dass er wohl erst in einem Monat erntet, wenn die Äpfel auf dem Boden schon hinüber sind. Plötzlich hatte ich es im Kopf: „Die kannst du dir nehmen“. Vielleicht kamen diese Worte nur durch mein Wunschdenken. Muss aber nicht so sein. Ich hatte den Karton mit den Blumen, der inzwischen leer war, und packte Äpfel vom Boden hinein. Als ich sie zuhause nachzählte, waren es genau 13 Stück. Mal wieder die 13! Der Neubeginn!
Die Äpfel waren schön saftig und süß. Im Handel sah ich derartig große Äpfel noch nie. Ob es die toten Soldaten unter den Apfelbäumen waren, die mir dieses Geschenk machten? Ansonsten möge mir der Apfelbauer den Diebstahl vergeben.