Die Stadt Limburg
Am 28.9.2015 war ich in Limburg an der Lahn, die Stadt die m.E. den schönsten Dom in ganz Deutschland hat. Der Dom ist im romanischen wie auch im gotischen Stil gebaut und sieht sogar – trotz dieser eigenartigen Mischung – so schön aus. Er wurde auf einem Felsen an der Lahn gebaut und ist von fast allen Punkten der Stadt und des Umlandes sichtbar.
Jeder Dom in Deutschland hat Geschichte und ist belastet. Ich ging deshalb einmal um den Dom von außen herum und besichtigte den kleinen Friedhof, der sich zwischen dem Dom und der Lahn befindet. Im Anschluss ging ich in den Dom rein. Er ist auch von innen schön. Ringsherum befindet sich eine wunderschöne, im Krieg nicht zerstörte Altstadt.
Zwei Monate später, im November 2015, besichtigte ich in Limburg den Hauptfriedhof. Auf diesem Friedhof befindet sich das Denkmal für die Schlacht von Stalingrad. Dort finden auch immer wieder Gedenkfeiern statt. Das Schöne an diesem Denkmal war nicht das Denkmal selbst, sondern die wunderschöne große Wiese rundherum. Auf dieser Wiese waren die Gräber der Menschen, die die Stadt Limburg beim Einmarsch der Amerikaner verteidigten und dabei fielen. Es waren nach meiner Schätzung einige Hunderte, überwiegend Männer, aber auch einige Frauen.
Am Denkmal von Stalingrad räucherte ich, machte eine Kerze an und machte ich ein kleines Ritual mit Blumen für die Gefallenen. Es war ein nebliger Herbsttag, so wie ich ihn bei Reinigungstouren auch nur zu Herbstende erlebte.
Auf dem Weg zum Ausgang stieß ich dann auf das Denkmal für die Flüchtlinge aus den Ostprovinzen. Davon berichtete ich bereits im Punkt „Die Flüchtlinge aus den deutschen Ostprovinzen und der Tschechei“, hier.
Der Friedhof hatte noch ein Gräberfeld für Gefallene des 1. Weltkrieges, von dem ich ein wenig berichten möchte. Auch hier räucherte ich, machte ein Ritual und streute Blumen. In meinen Augen war dieser Platz belastet. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich da nicht allein bin und wollte weggehen. Zwischendurch begann es auch einmal leicht zu nieseln, obwohl der Tag trotz Nebel eigentlich schön war. Das war alles sehr seltsam.
Die Stadt Diez:
Gleich bei Limburg liegt ein weiteres idyllisches Städtchen an der Lahn mit einem schönen Schloß der Oranier. In Diez wollte ich aber das „Rheinwiesenlager Diez“ besuchen, in dem es angeblich einige 10sende Tote gegeben hat, meint die Dokumentationsstelle Rheinland-Pfalz.
Das Lager, das die Dokumentationsstelle vermutlich meint, war ein Stalag (Stammlager) für Alliierte Soldaten. Darüber berichtete ich im Punkt Rheinwiesenlager unter „Rheinwiesenlager Diez“, hier. Es ist eine gute Frage, was diese Dokumentationsstelle noch so alles an Fehlinfos liefert.
Diez ist ein Städtchen voll schöner Fachhäuser und kleinen Gassen und hat ca. 12.000 Einwohner. Ich wunderte mich, dass ich dort fast ausschließlich dunkle Gesichter sah, fast alles Männer. Ich wollte dort das ehemalige Stalag besuchen, das nach dem Krieg zur Freiherr vom Stein-Kaserne umgewandelt wurde. Ich wunderte mich, dass die dunkelhäutigen Männer alle den gleichen Weg wie ich gingen und bekam es schon mit der Angst zu tun. Ich dachte, die verfolgen mich. Als ich die Kaserne aber erreichte, stellte ich fest, dass es nun ein Flüchtlingsheim ist, das von diesen Menschen bewohnt wurde. Vor dem Gelände war eine Schranke und nur alles was dunkel war, konnte diese passieren. Da kann ich nicht viel machen, wenn ich nicht reingelassen werde.
Die Stadt Hadamar, die Euthanasie und der Galgenberg:
Am 28.9.2015 fuhr ich nach meinem Ausflug in den Limburger Dom nach Hadamar. Es ist ein kleines, wunderschönes Städtchen auf der anderen Seite der Lahn im Westerwald, nur wenige Kilometer von Limburg entfernt.
Ich hätte mich gerne in diesem idyllischen Städtchen noch länger aufgehalten. Es besitzt ein sehr schönes Schloss und einen wunderschönen Rosengarten. Es war aber schon etwas spät und ich wollte mich auf die Tötungsanstalt konzentrieren.
Die Tötungsanstalt Hadamar, in der knapp 15.000 geistig behinderte Menschen während der NS-Zeit getötet wurden, ist auch heute noch eine psychiatrische Tagesanstalt. Sie wurde auf einem sehr steilen Berghang gebaut. Das Museum, das sich in dem damaligen Gebäude der Tötung durch Gas befand, war leider geschlossen. Soweit ich aber aus den Infos auf dem Gelände erfahren konnte, war das kein Zyklon B (so wie ich dachte), sondern sie wurden mit den Abgasen von Bussen getötet. Es waren auch nicht alles Kinder, wie ich dachte. Die meisten waren Erwachsene, die man heutzutage lebenslänglich in die Psychiatrie gesperrt hätte.
Noch gut erhalten waren die Garagen, in der die Busse untergebracht waren. Sie waren aus Holz. Ansonsten bestand die Klinik aus mehreren kleineren Gebäuden und einen großen Park. Insgesamt war sie aber eher klein. Irgendwie hatte ich die Vorstellung, dass sie groß sein muss, wenn so viele Menschen dort zum Töten hingebracht wurden.
In meinen Augen bestand bei der Euthanasie eine falsche Vorstellung vom Wert eines Menschen. Es war den Menschen in früheren Zeiten nicht bewusst, dass alle Menschen – ob krank oder behindert – gleichwertig sind. In früheren Zeiten war es allgemein üblich, sich mit Behinderten und unheilbar Kranken nicht zu belasten. Die meisten Menschen waren schon mit ihren vielen Kindern, ohne Waschmaschine, ohne Geschirrspüler, überfordert. Meist war die Mutter allein mit den vielen Kinderlein, der Vater war im Krieg, und die Zeit war nicht da, um sich mit einem Kranken in der Familie zu belasten. Außerdem schämten sie sich, Kranke und Behinderte in der Familie zu haben. Sie gaben sie in Heime und vergaßen und verschwiegen sie.
In Kriegszeiten, wo die Menschen wegen den Bombenangriffen obdachlos wurden und gegen Kriegsende, als die vielen Flüchtlinge aus den Ostprovinzen kamen und ebenfalls obdachlos waren und hungerten, und viele Soldaten verwundet aus dem Krieg kamen, zog man es vor, die Kliniken für diese Menschen zu reservieren. Die „Minderwertigen“, für die dieser Platz ursprünglich gedacht war, die auch sonst keiner vermisste, mussten weg und wurden getötet. Sie waren Nahrungskonkurrenten in Zeiten von Hungersnot, nahmen dringend benötigte Ärzte und Pflegepersonal in Anspruch und bewohnten dringend benötigte Klinken.
Heute denkt man zum Glück anders. Trotzdem weiß ich nicht, wie man sich die Lösung unter den damaligen Umständen vorstellt.
Die Gräber der Menschen befanden sich ganz oben auf dem Berg. Dazu musste man mehrere Treppen hinaufsteigen (vergleichsweise mit 4 Stockwerken). Oben auf dem Berg befand sich eine Gedenkstätte, mehrere Sandsteinkreuze und eine große Wiese, in der sich die Toten befanden. Ich gehe davon aus, dass die Toten verbrannt wurden und die Asche auf die Wiese gestreut wurde, denn es gab keine Gräber.
Die großen Sandsteinkreuze rund um die Wiese konnte ich mir teilweise nicht erklären. Einige erinnerten an den Judenmord.
Ich räucherte dort ein wenig und machte ein kleines Ritual für die Toten. Die schöne Herbstsonne schien dabei auf die Wiese und es war so schön und angenehm, dort in der Natur.
Im Anschluss besuchte ich in Hadamar den Galgenberg. Das war ein recht beeindruckendes Gelände. Es bestand aus einer großen Wiese auf einem Hang, die mit Büschen und Bäumen umringt war. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wo hier der Galgen gestanden hatte. In der Mitte der Wiese war auf dem Hang nämlich ein kleines Plateau. Hier habe ich der Hexen, der Diebe und Mörder und auch der Unschuldigen gedacht, die gehenkt, verbrannt, geköpft wurden, und die vermutlich unter der Wiese vergraben lagen.